Am Anfang schuf Gott den Kalender


Oder: Die Hybris von der Erschaffung der Welt

 

Am Anfang schuf Gott den Kalender.

Der Kalender war wüst noch und leer.

Noch gab es nicht Himmel und Erde.

Und kein Licht gab es und nicht das Meer.

 

So schuf er das Licht und den Bleistift

und trug im Kalender sich ein:

Die Welt – mit Himmel und Tier und Mensch –

soll am Montag geschaffen sein!

 

Für Montag notierte er: Festland

mit Bäumen und Kräutern und Gras.

Und er sah, dass es gut werden könnte,

da er das Geschriebene las.

 

Und alles soll sich besamen,

ein jegliches nach seiner Art.

Und alles soll Früchte tragen.

Am Montag leg ich die Saat.

 

Schaff die ganze Welt am Montag.

Und ab Dienstag will ich ruhn.

Schaff am ersten Tage eilig.

Doch der zweite Tag sei heilig.

 

Ich schaffe am Montag die Sterne,

vielleicht auch noch Sonne und Mond,

die sollen den Himmel bekrönen,

da im Himmel der Schöpfer thront.

 

Am Montag schaff ich noch Gefieder,

das da fliegt und am Boden scharrt,

die Tiere: den Walfisch, das Vieh und Gewürm,

ein jegliches nach seiner Art.

  

Am Montag schaff ich noch den Menschen,

aus Lehm einen Mann und sein Weib,

die sollen die Erde beherrschen

und vor allem den eigenen Leib.

 

Da wurde aus Abend und Morgen

schon Dienstag, noch ward nichts getan.

So schuf er noch schnell seinen Himmel

Und verschob seinen Schöpfungsplan.

 

Schaff die Welt bis Dienstagabend.

Und am Mittwoch will ich ruhn.

Schaff bis Dienstagabend eilig,

Doch der dritte Tag sei heilig (nun).

 

So schuf er am Dienstag die Erde

und schwitzte das salzige Meer

und schuf auch die Gräser und Bäume

und stöhnte und atmete schwer.

 

Er formte die Schluchten und Berge

und besang, was er formte und tat

und rang mit dem Schlaf bis zum Morgen,

da er sah, dass der Mittwoch schon naht.

 

Schaff die Welt bis Mittwochabend.

Will am Donnerstag erst ruhn.

Schaff bis Mittwochabend eilig,

Doch der vierte Tag sei heilig (nun).

 

Und am Mittwoch schuf er die Sonne.

Und die Sonne ging unter zur Nacht.

Und so hat er zur Nacht tausend Lichter

und den Mond an den Himmel gebracht.

 

Doch die Sterne lösten sich wieder.

Und Gott fluchte wie Donnerschlag.

Als Sternschnuppen fielen sie nieder

weit hinein in den Donnerstag.

 

Schaff die Welt am Donnerstag noch.

Erst am Freitag will ich ruhn.

Schaff bis Donnerstag noch eilig.

Doch der fünfte Tag sei heilig (nun).

 

Am Donnerstag schuf er die Fische.

Und ein Walfisch der braucht seine Zeit.

Am Abend schuf er noch Gefieder,

das da floh in die Dunkelheit.

 

Aus Müdigkeit schuf er die Fliege.

Da wurde der Himmel schon hell.

Und sein Blick flog über ’n Kalender:

Die Tage verfliegen so schnell!

 

Auf dass er die Krone der Schöpfung

noch schaffe nach göttlichem Plan,

verschob er die Schaffung des Menschen

auf den fünften Tag. Voller Elan

 

ändert er seinen Kalender,

wie nur ein Gott es vermag.

Da wurde aus Abend und Morgen

der fünfte Erschöpfungstag.

 

Schaff die Welt bis Freitagabend.

Und am Samstag will ich ruhn.

Schaff bis Freitagabend eilig,

Doch der sechste Tag sei heilig (nun).

  

So schuf er am Freitag die Tiere.

und den Menschen nach seinem Bild.

Und er nutzte das Wasser als Spiegel.

Doch das Meer, es war trübe und wild.

 

Und er brachte das Meer nicht zur Ruhe,

so dass er sein Antlitz nicht sah,

 so kam nun das Antlitz des Menschen

dem wahren Bild Gottes nicht nah.

 

Da wurde aus Abend und Morgen

schon die sechste Erschöpfungsschicht.

Doch was Gott am Samstag schaffte und schuf,

überliefert die Bibel uns nicht.

 

Vermutlich hat er den Menschen

noch verbessert, vor allem das Weib

und machte es rund und weich und schön

und vergaß wohl den männlichen Leib.

 

Schuf die Welt in nur sechs Tagen

und seither nun darf er ruhn.

Soll der Mensch sich ewig plagen.

Er ist Gott. Er muss nichts…

 

Am Anfang schuf Gott den Kalender

und der gilt bis zum jüngsten Tag

und schuf auch den Tageverschwender,

der da leben soll ohne Ertrag.

 

Ich schuf dies Lied in nur sechs Tagen.

Und der Siebte war geschenkt.

Sang das Lied dir, wo wir lagen.

Mir egal, wer wo was denkt.


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