C'est la vie

Im Januar die große Flut

Als die Flut der Bilder kam

Und mit den Zahlen wuchs die Scham

Er gab Geld und war sich gut

Im Februar der Bürgerkrieg

Am Sonnenstrand

Wo der Strandkorb stand

Wo er einstmals in der Sonne saß

Die Sorgen um das Geld vergaß

So begann er nun, auch dahin zu senden

Seine wohlgemeinten Spenden

Denn er wollt im März in jenes Land

Wieder reisen an den Sonnenstrand

Dann im April las er von jenem Kind

Und das würde sicher blind

Ohne diese Therapie

Und er hatte Geld

C’est la vie

 

Dann kommt der Mai – im Radio

Hört er Pest und Cholera

Versteppung, Aids, Malaria

Und Hungersnöte irgendwo

Verkauft die Uhr zum halben Wert

Das Auto, weil er nie mehr fährt

Mit Öl aus einem Krisenherd

Im Juni lebt er unbeschwert

Doch im Sommerloch sieht er den Selbstbetrug

Nein, Geld ist nicht genug

Er selbst muss irgendwie

Und das war im Juli

C’est la vie

 

August am Meer, dann kündigt er

Die Arbeit und sein Haus steht leer

Lädt die Freunde noch mal ein

Auf ein Glas Septemberwein

Und sitzt bei seinem Abschiedsfest

Doch einsam vor dem Kerzenrest

Dann spielt er mit dem Globus Landroulette

Und geht nach dem Sudan ins Bett

Im Oktober dann – er saß bereits an Bord

Der Maschine nach Khartum –

Schleppen ihn zwei Männer fort

Und man flüstert:

Psychiatrie

C’est la vie

 

Ruhiggestellt und unter strenger Aufsicht packt er von nun an in jedem Jahr vom ersten Advent bis zum Heiligen Abend täuschend echte Hilfspakete für die Dritte Welt gemeinsam mit all den anderen Patienten der Europaklinik.

Und manchmal gelingt es ihnen sogar, ein heimlich aufgespartes Beruhigungsmittel in eines der Päckchen zu schmuggeln.

C’est la vie.

Und draußen täuschen die Glocken.


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